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23.08.2012

Eine interessante Entscheidung der obersten Gerichtshöfe EU-Versandapotheken unterliegen deutscher Arzneimittelpreisbindung

Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes verhandelte am 22. August 2012 über die Frage, ob deutsche Arzneimittelpreisvorschriften über den Apothekenabgabepreis* für verschreibungspflichtige Arzneimittel gelten, die von Apotheken mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Wege des Versandhandels** in Deutschland in den Verkehr gebracht werden.

 

Autor: JVP | JVP / Hr. Reg. Dir. a.D. Werner Schaller

Interessant  ist diese Entscheidung, weil sie vom Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe erlassen wurde, der nur dann zuständig ist, wenn ein  oberstes Bundesgericht von einer Entscheidung eines anderen obersten Bundesgerichts oder dem Gemeinsamen Senat abweichen will.   Damit soll die Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte gewahrt werden.
Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB), kurz auch als Gemeinsamer Senat bezeichnet, ist eine gemeinsame Einrichtung der obersten deutschen Bundesgerichte, die die Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte wahren soll. Rechtsgrundlage für seine Errichtung ist Art. 95 Abs. 3 GG das Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes (RsprEinhG) regelt die Einzelheiten. Der Gemeinsame Senat hat seinen Sitz in Karlsruhe.
Der Gemeinsame Senat setzt sich aus den Präsidenten des Bundesgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesarbeitsgerichts, des Bundessozialgerichts und des Bundesfinanzhofs zusammen, die je nach Fall durch die Vorsitzenden und jeweils einen weiteren Richter der beteiligten Senate ergänzt werden. Den Vorsitz im gemeinsamen Senat führt der lebensälteste Präsident der nichtbeteiligten obersten Gerichtshöfe.
Der Gemeinsame Senat ist kein eigenständiges oberstes Bundesgericht, sondern vielmehr als Vermittlungsorgan zwischen den obersten Bundesgerichten eingerichtet.  Er trat seit seiner Gründung 1968 nur sehr selten zusammen. 

Die   Entscheidung:

Im zugrundeliegenden Fall, der beim I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs anhängig ist, hatte die Beklagte, eine in den Niederlanden ansässige Apotheke, im Wege des Internet-Versandhandels Medikamente für den deutschen Markt angeboten und mit einem Bonussystem geworben, nach dem der Kunde beim Kauf verschreibungspflichtiger Medikamente auf Kassenrezept einen Bonus von 3% des Warenwertes, mindestens aber 2,50 € und höchstens 15,00 € pro verordneter Packung erhalten sollte.
Die Klägerin, die im Inland eine Apotheke betreibt, sieht darin einen Verstoß gegen die im Arzneimittelrecht für verschreibungspflichtige Arzneimittel geltenden Preisbindungsvorschriften. Sie hat die beklagte Versandapotheke auf Unterlassung der Ankündigung und Gewährung der Boni in Anspruch genommen.

Der I. Zivilsenat des BGH hat die Frage, ob deutsches Arzneimittelpreisrecht auch für den Apothekenabgabepreis verschreibungspflichtiger Arzneimittel gilt, die im Wege des Versandhandels von einer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Versandapotheke im Inland in den Verkehr gebracht werden, bejahen wollen. Er hat sich hieran aber durch eine Entscheidung des 1. Senats des Bundessozialgerichts gehindert gesehen. Der 1. Senat des BSG hatte 2008 in anderem Zusammenhang entschieden, dass das deutsche Arzneimittelpreisrecht nicht für Versandapotheken gilt, die aus dem europäischen Ausland Arzneimittel an deutsche Verbraucher schicken. Der I. Zivilsenat des BGH hat die Frage deshalb dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Entscheidung vorgelegt.
Der Gemeinsame Senat hat nunmehr entschieden, dass die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage darstellen, ausländische Versandapotheken, die verschreibungspflichtige Arzneimittel im Inland an Endverbraucher abgeben, deutschem Arzneimittelpreisrecht zu unterwerfen. Dies ergibt sich insbesondere aus § 78 Abs. 1 und 2 AMG.


  • Zuständiges Gericht: Gemeinsamer Senat der ob ersten Gerichtshöfe
  • Beschlussdatum: 22.08.12
  • Aktenzeichen: 2012 - GmS-OGB 1/10
  • Fundstelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

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