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28.06.2021

Lehrbuch 1 Nr. 10.3 Zuständigkeitsstreit zwischen EuGH und BVerfG. Wer hat das Sagen?

Lehrbuch 1 Seite 260: Die Europäische Kommission kann einen Mitgliedstaat –nach einem Vorverfahren – vor dem EuGH verklagen. Der EuGH prüft, ob ein Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag nicht nachgekommen ist. Aktuell leitet die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein. Bayerns Justizminister Eisenreich kritisiert die Entscheidung der EU-Kommission: "Das stellt die Rolle des Bundesverfassungsgerichts als Garant unseres Rechtsstaats und unserer Verfassung in Frage". Die Lösung liegt im Konsens, nicht in der Konfrontation.

Das Grundgesetz steht nicht zur Disposition europäischer Institutionen. Hintergrund des Verfahrens ist ein Streit über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 5. Mai 2020 zum Staatsanleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank. Die Karlsruher Richter stellten in ihrem Urteil erstmals fest, dass Handlungen und Entscheidungen europäischer Organe offensichtlich nicht von den an sie übertragenen Kompetenzen gedeckt sind. Die Europäische Kommission sieht in dem Urteil einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vorrangs des Europarechts.

Der Vorrang des Rechts der EU kann nicht gelten, wenn die EU-Institutionen außerhalb der ihr übertragenen Kompetenzen handeln. Außerhalb der Kompetenzen gibt es keinen Vorrang des Rechts der EU.

Ob die Kompetenzen überschritten sind, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in letzter Konsequenz eine Frage des nationalen Verfassungsrechts und vom Bundesverfassungsgericht als Hüter des Grundgesetzes zu entscheiden.

Die Diskussion führt ein weiteres Problem ganz deutlich vor Augen: Es gibt aktuell kein geeignetes Mittel, um bei Kompetenz-Streitigkeiten eine Lösung herbeizuführen. Es gibt den Vorschlag, einen unabhängigen Kompetenzgerichtshof einzurichten. Dieser sollte dann angerufen werden können, wenn Zweifel bestehen, ob sich eine EU-Institution bei ihrer Entscheidung an ihre vertraglich eingeräumten Kompetenzen gehalten hat oder nicht.
Eisenreich: "Unabhängig davon, auf welche Seite man sich in dieser komplexen Diskussion stellen möchte. Klar ist aus seiner Sicht: Eine Anrufung des EuGH im Vertragsverletzungsverfahren wäre der falsche Weg. Denn der EuGH darf nicht als Richter in eigener Sache entscheiden. Der EuGH war schon nach der Vorlage des Bundesverfassungsgerichts mit der Sache befasst und würde letztlich erneut entscheiden, ob die Kompetenzen eingehalten wurden. Das kann nicht richtig sein. Das Verfahren sollte deshalb im Dialog beendet werden."


  • Zuständige Pressestelle: 18. Juni 2021 Bay. Staatsmin. der Justiz

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