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07.08.2012

Wahlrecht von Auslandsdeutschen

Im Ausland lebende Deutsche müssen nicht mindestens drei Monate ununterbrochen in der Bundesrepublik gewohnt haben, um an der Bundestagswahl per Briefwahl teilnehmen zu dürfen. Eine entsprechende Regelung im Bundeswahlgesetz ist verfassungswidrig, entschied das Bundesverfassungsgericht.

 

Autor: JVP | JVP / Hr. Reg. Dir. a.D. Werner Schaller

Geklagt hatten zwei Deutsche, die 1982 in Belgien geboren wurden, aber nie länger in Deutschland gewohnt haben. Weil sie 2009 nicht mitwählen durften und den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verletzt sahen, legten sie Einspruch gegen die Wahl ein.

Klare Entscheidung gegen bisheriges Wahlrecht
Die Entscheidung erging mit 7:1 Stimmen. Aus Sicht fast aller Richter des Zweiten Senats sichert auch ein dreimonatiger Aufenthalt nicht die Vertrautheit mit den hiesigen politischen Verhältnissen. Schließlich gebe es eine Reihe von Auslandsdeutschen, die mitwählen dürfen, obwohl sie zum Zeitpunkt ihres Aufenthalts in Deutschland noch sehr jung waren oder schon sehr lange nicht mehr hier wohnen.

Richterin Gertrude Lübbe-Wolff gab ein Sondervotum ab. Für sie ist die Dreimonatsregel gerechtfertigt, weil sie das "notwendige Mindestmaß an realer Verbindung zur Bundesrepublik" wahren soll. Es gehe in einer Demokratie auch darum, dass Wähler wie Gewählte die Konsequenzen ihrer Entscheidung tragen.

Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -

Pressemitteilung Nr. 61/2012 vom 07. August 2012
Beschluss vom 4. Juli 2012
2 BvC 1/11
2 BvC 2/11


Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass die Ausgestaltung der Wahlberechtigung der Auslandsdeutschen durch § 12 Abs.
2 Satz 1 BWG mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG unvereinbar und nichtig ist. Der festgestellte Wahlfehler führt jedoch nicht zur Ungültigkeit der Bundestagswahl 2009.

Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verbürgt die aktive und passive Wahlberechtigung aller Staatsbürger. Er ist im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit bei der Zulassung zur Wahl des
Deutschen Bundestages zu verstehen. Daher bleibt dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der aktiven und passiven Wahlberechtigung nur ein eng bemessener Spielraum für Beschränkungen. Differenzierungen können nur
durch Gründe gerechtfertigt werden, die durch die Verfassung legitimiert und von mindestens gleichem Gewicht wie die Allgemeinheit der Wahl sind. Zu den möglichen Rechtfertigungsgründen zählt insbesondere das mit
demokratischen Wahlen verfolgte Ziel, den Charakter der Wahl als Integrationsvorgang bei der politischen Willensbildung des Volkes zu sichern. So kann ein Ausschluss vom aktiven Wahlrecht
verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein, wenn bei einer bestimmten Personengruppe davon auszugehen ist, dass die Möglichkeit der Teilnahme am Kommunikationsprozess zwischen Volk und Staatsorganen nicht in
hinreichendem Maße besteht.


  • Zuständiges Gericht: Bundesverfassungsgericht
  • Art: Urteil
  • Aktenzeichen: 2 BvC 1/11

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